Wirtschaft

Kurzeinführung Wirtschaft

Gibt es in der Wirtschaftspolitik und Wirtschaftstheorie noch brisante Fragen, oder sind die großen Grundsatzdebatten, die jahrzehnte- und teilweise jahrhundertelang die Gemüter erhitzten, weitgehend abgeschlossen? Wie die Wirtschaft zu organisieren und wie die Konjunktur in "normalen" Zeiten zu steuern ist, wird in der Tat nur noch in Nuancen kontrovers diskutiert. Nur größere Krisen bieten noch die Chance, dass neue Grundsatzdebatten angenommen werden.

Ein wichtiger Erkenntnisfortschritt wäre schon die Einsicht, dass Wirtschaftskrisen generell Folgen wirtschaftspolitischer, insbesondere geld- und fiskalpolitischer Versäumnisse sind. Im Fokus künftiger Grundsatzdebatten sollte daher die Frage stehen, ob und wie kompetenterere wirtschaftpolitische Instanzen geschaffen werden können, als es sie bisher gab. Auch hierauf gibt das Neokratiekonzept Antworten. Dazu gehören Vorschläge zur Schaffung eines unabhängigen "Fiskalrates" (zuerst in "Die Katastrophen der Demokratie", 1991) und einer neuen Rollenverteilung zwischen Geld- und Fiskalpolitik (in "Eine neue Logik der Geldpolitik", 2020).

Man weiß, dass die Wirtschaft längst zu kompliziert geworden ist, um sie von Staats wegen lenken zu können, und dass Wettbewerb vonnöten ist, um sie effizient zu machen. Der Wettbewerb wiederum, zumal der globalisierte, lässt den meisten Unternehmen kaum noch Spielraum für andere Ziele als die eigene Wettbewerbsfähigkeit, so dass ihnen kaum noch Mitverantwortung für gesellschaftliche Ziele wie soziale Gerechtigkeit und hohe Beschäftigung zugeschrieben werden kann. Man weiß auch längst, dass das beste Mittel gegen Wirtschaftskrisen eine stetige Geldpolitik der Zentralbank und eine stetige staatliche Finanzpolitik sind. Ebenso weiß man, dass allzu hohe Steuern sich negativ auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung auswirken können. Was darüber hinaus an Kontroversen bleibt, ist nicht unbedingt Stoff für ein großes Publikum. Der Eindruck, diese Kontroversen würden auch in der Wissenschaft großenteils von sehr vergänglichen Meinungstrends beherrscht, täuscht nicht.

Dass Wirtschaftspolitik und Wirtschaftstheorie dennoch weiter brisant bleiben, hat andere Gründe. Einer der Hauptgründe ist: Es herrscht noch immer keine Einigkeit darüber, was genau unter einer stetigen Geldpolitik und Fiskalpolitik zu verstehen ist. Frühere Theorien gaben hierzu keine dauerhafte Orientierung, so dass immer wieder heftige Kontroversen über die stabilisierende bzw. destabilisierende Rolle der Zentralbanken und der öffentlichen Haushalte geführt wurden.
Ein Vorschlag zur Beilegung dieser Kontroversen wird hier im Themenbereich Geld- und Konjunkturpolitik vorgestellt. Dieser Vorschlag beinhaltet neben einem neuen institutionellen Design auch eine neuartige Regelbindung für die Geld- und Fiskalpolitik.

Kontroversen entstehen zudem immer wieder daraus, dass die Ziele des Wirtschaftswachstums und der hohen Beschäftigung mit anderen politischen Zielen konkurrieren. Der Staat muss in die Kassen der Unternehmen und in die Taschen der Bürger greifen, um u.a. für innere Sicherheit, Frieden, allgemeine Bildung und – am weitaus kostspieligsten – für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zu sorgen. Mit der Finanzierung dieser Ziele aber mindert der Staat zu einem gewissen Grad Wachstum und Beschäftigung. Eine der wichtigsten wirtschaftspolitischen Fragen bleibt daher, wie die Balance zwischen solidarischer Umverteilung einerseits und dem Wachstums- und Beschäftigungsziel andererseits gewahrt werden kann.

Vorschläge zu einer solidarischen Umverteilung, die diese Balance wahren hilft, werden hier vorrangig in der Rubrik Sozialstaat behandelt (Stichwort Bürgergeld). In der hiesigen Rubrik dagegen ist – im Themenbereich Beschäftigungspolitik – u.a. von einer alternativen Arbeitsmarkttheorie die Rede, aus der sich wichtige Schlussfolgerungen für die Beschäftigungspolitik herleiten lassen.

In den Themenbereichen Staatsfinanzen und Steuersystem wird darüber hinaus ein alternatives ("neokratisches") Finanz- und Steuersystem vorgestellt, in dem die wichtigsten Ziele der Wirtschaftspolitik leichter erfüllbar und zudem leichter mit anderweitigen Zielen vereinbar wären als in herkömmlichen Systemen.

Der Bereich Wirtschaftstheorie schließlich verweist auf einige allgemeine theoretische Abhandlungen. Auf den darin entwickelten Theorieelementen baut ein Großteil der im Reformforum vorgestellten wirtschafts- und sozialpolitischen Konzepte auf.